Tacoma

Veröffentlicht am 14.05.2021 von Stephan in Review
Wir schreiben das Jahr 2088. Große Unternehmen beherrschen nicht nur die Erde, sondern haben auch das nahe Weltall erschlossen. Als auf der von der Venturis Corporation im Mondorbit betriebenen Raumstation Tacoma zuerst die Sauerstoffversorgung und dann der Kontakt abbricht wird eine Bergungsmission losgeschickt.

Wir schlüpfen in den Raumanzug der Bergungsexpertin Amy Ferrier. Unser Auftrag ist die Beschaffung der Stationsprotokolle und Sicherung des KI-Kerns. Glücklicherweise stellt sich die Station als nicht so stark beschädigt heraus wie befürchtet. Von der Besatzung dagegen fehlt jede Spur. Einzig ODIN (Operational Data Interface Network), die KI der Station, ist nach wie vor aktiv, scheint aber beschädigt zu sein, sodass uns nichts anders übrig bleibt, als alle Datenkerne manuell auszulesen. Nachdem wir unsere VR-Sicht mit der Station gekoppelt haben betreten wir die Station und versuchen herauszufinden was hier vorgefallen ist. Wo ist die Besatzung abgeblieben, was ist mit der KI passiert und was hat zu der Störung geführt?

Als KI-Kommunikationsspezialistin sind wir die ideale Besetzung


Mithilfe der VR-Sicht sehen wir uns Aufzeichnungen der Besatzung an und erfahren auf diese Weise nicht nur mehr über die vergangenen Ereignisse, sondern auch über die Personen. Obwohl diese nur als grobe dreidimensionale Figuren dargestellt und von Datenfehlern verunstaltet werden, lernen wir die Crew doch mit jeder Aufzeichnung besser kennen. Das liegt zum einen an den zahlreichen Texten und Bildern, die wir uns auf dem Computer jedes Besatzungsmitglieds ansehen können, zum anderen aber auch an den hervorragenden Synchronsprechern die den Figuren Leben einhauchen. Mit jeder neuen Aufzeichnung fügt sich ein weiteres Puzzleteil der Geschehnisse zusammen. Die Bergung der KI schient der Venturis Corporation deutlich wichtiger zu sein als die Rettung der Besatzung. Die zu Beginn noch anonyme Besatzung wird so nach und nach zu realen Menschen um die man sich beginnt Sorgen zu machen.

Zahlreiche Dokumente wie dieses liefern uns Informationen zur Crew


Tacoma ist ein lineares exploratives Spiel, das die Erkundung der Umgebung in der Vordergrund stellt. Wir bewegen uns Schritt für Schritt durch alle Bereiche der Station und sehen uns die Aufzeichnungen der Besatzung an. Jeder Bereich steht dabei für ein Besatzungsmitglied. So erfahren wir z.B. in der Krankenstation mehr über die Ärztin Sareh. Jeder Bereich besteht aus mehreren Räumen, darunter dem Quartier des zuständigen Besatzungsmitglieds. Kleine Rätseleinlagen beschränken sich z.B. auf die Eingabe eines Codes den wir in der Umgebung schnell aufspüren. Aufzeichnungen können wir nicht nur einfach ansehen, sondern auch jederzeit anhalten, vor- und zurückspulen. Das ist auch notwendig, denn die sechs Crewmitglieder halten sich gerne auch in unterschiedlichen Räumen auf oder bewegen sich. Das bedeutet, dass wir, um alle Gespräche zu hören, jedem Besatzungsmitglied folgen und das Protokoll auch mehrfach abspielen müssen. Weitere Informationen zu den Charakteren erhalten wir durch das Lesen von Logeinträgen. Das ist zwar optional, verleiht der Geschichte aber deutlich mehr Tiefe.

Das erste Zusammentreffen mit der Crew der Tacoma


Auch wenn die verlassene Station zu Beginn an Spiele wie System Shock oder Prey erinnert, ist Tacoma kein Horrorspiel. Ganz im Gegenteil merkt man in jedem Raum wie viel Mühe sich die Entwickler dabei gegeben haben die Station realistisch und wohnlich zu gestalten. Das fängt schon bei der Architektur der Station selbst ab, die im Gegensatz zu den futuristischen Einrichtungen anderer Spiele erstaunlich realistisch und bodenständig ist. Um einen zentralen Korridor drehen sich die Ringe mit den Einrichtungen der Basis, in denen durch die Rotartion Schwerkraft herrscht, im Zentrum dagegen bewegen wir uns schwerelos schwebend voran. Ganz Tacoma wirkt so, als könnte eine Station wie diese in der Zukunft tatsächlich existieren.

Wenn wir aus einem Fenster sehen können wir die sich um sich selbst drehende Station beobachten


Spielerisch stellt uns das Spiel keine großen Herausforderungen, die Spielzeit fällt deshalb mit 3-4 Stunden auch recht kurz aus. Auf der technischen Seite kann Tacoma mit der detailliert gestalteten Umgebung punkten. Der Grafikstil erinnert an Spiele wie Prey - definitiv keine schlechte Vorlage. Naturgemäß wirken die einfachen Hologramme der Besatzung wie Fremdkörper in der ansonsten eher realistischen Umgebung wodurch die Aufzeichnungen immer deutlich erkennbar sind, ich hätte mir aber zugunsten der Immersion eine etwas dezentere Darstellung gewünscht. Da die Geschichte rein durch Aufzeichnungen und Dokumente erzählt wird bleibt die Handlung passiv. Unsere Rolle ist die eines Beobachters, die Geschehnisse beeinflussen können wir nicht, einzig das Ende hält eine mehr oder weniger überraschende Wendung bereit. Insgesamt betrachtet ist Tacoma ein durchaus gutes Spiel, dem aber die Highlights fehlen. So bleibt eine interessante interaktive Erkundung der toll gestaltetet Raumstation mit gut geschriebenen Charakteren die vor allem Science Fiction Fans ansprechen dürfte.

Tacoma wurde von Fullbright (Gone Home) entwickelt und ist für Linux, macOS, Windows, Xbox One und PlayStation 4 verfügbar.