The Shore

Veröffentlicht am 16.06.2021 von Stephan in Review

Uaaah


The Shore ist ein im Lovecraft Universum angesiedeltes exploratives Horrorspiel des Indie Entwicklers Ares Dragonis. Wir schlüpfen in die Rolle des Fischers Andrew der auf einer kargen und offenbar menschenleeren Felseninsel strandet. Schnell wird uns klar, dass auf dieser Insel merkwürdige Dinge vor sich gehen. Obwohl wir keiner Menschenseele begegnen ist die Küste übersät von Wracks. In der trostlosen Landschaft scheinbar zufällig verteilt, stehen seltsame Steinsäulen mit Abbildungen fremdartiger Wesen und auch mit der Sonne, die unbeweglich am Himmel steht, scheint etwas nicht zu stimmen.

Während Andrew noch herauszufinden versucht, wo er hier gelandet ist, macht ihm eine körperlose Stimme ein Angebot, welches ihm vielleicht seine verstorbene Tochter zurückbringt. Ohne Zögern nimmt Andrew an, ohne zu wissen, in welche kosmischen Abgründe es ihn dabei verschlagen wird.



Ahh l' ah


Zu Beginn erscheint The Shore noch wie ein typischer Walkingsimulator. Wir erkunden die Strände der Insel, lesen die dort gefundenen Aufzeichnungen anderer Gestrandeter, untersuchen seltsame Götzenbilder und lösen einfache Rätsel. Das ändert sich jedoch abrupt in dem Moment, in dem wir die Dimension der Großen Alten betreten und dort das sogenannte Artefakt erhalten, denn dieses ist nicht einfach ein weiteres Rätselelement, sondern auch eine Waffe mit dem wir uns der nun häufiger anzutreffenden Scheusale zumindest kurzzeitig erwehren können. Im Grunde keine schlechte Idee, sind wir doch in ähnlichen Spielen in der Regel wehrlos und auf das Verstecken oder die Flucht angewiesen, nur leider hapert es an der Umsetzung. Einen Großteil der Gegner können wir zwar kurz aufhalten aber nicht endgültig vernichten.

Diesen Shoggothen attackieren wir mit dem Artefakt


Letztendlich müssen wir also trotz unserer Waffe häufig fliehen und da die Monster stets schneller sind und unser Protagonist nur wenige Treffer verträgt, wird das in einigen Abschnitten zur Geduldsprobe. Glücklicherweise findet das Spiel ein gutes Gleichgewicht zwischen actionreichen und ruhigen Passagen und vor allem letztere sind sehr gut gelungen. Sind wir nämlich nicht gerade damit beschäftigt vor Monstern zu fliehen erkunden wir ohne Zeitdruck die detaillierten Gebiete, sammeln Gegenstände und lösen Rätsel. Die Rätsel sind typisch für diese Art Spiel. Wir finden Gegenstände, setzen diese in Mechanismen ein um diese zu aktivieren oder setzen Muster passend zusammen.

Zu Beginn finden wir die Aufzeichnungen anderer Gestrandeter


Mgr'luh


Grafisch macht The Shore eine gute bis sehr gute Figur. Die mit der Unreal Engine entwickelten Umgebungen sind detailliert, haben scharfe Texturen und die Beleuchtung ist stimmig. Die Insel ist zwar sehr statisch und leblos, das interpretiere ich in diesem Fall aber als Absicht und der Atmosphäre dienlich. Einziger echter Kritikpunkt sind die Lichtspiegelungen des Wassers die scheinbar nicht physikalisch korrekt funktionieren und sich mit der Bewegung der Kamera ändern. Wenn das Wasser in einem dunklen Keller bei jeder Drehung hell leuchtet, ist das dann doch etwas irritierend. Über zu wenig Abwechslung dagegen kann man sich nicht beschweren. Trotz der kurzen Spielzeit bekommen wir einiges geboten. Von der namensgebenden Küste über finstere höhlenartige Gänge bis zu Unterwasserpassagen und anderen fast nicht zu beschreibenden Orten erkunden wir mehrere auch grafisch sehr abwechslungsreiche Abschnitte.

Cthulhu spricht zu uns


Aber was wäre ein Lovecraft Spiel ohne die unheimlichen Wesen und Göttern? Auch hier kann The Shore vollauf überzeugen. Fischmenschen die sich direkt aus dem Ozean erheben, die tentakelartigen Shoggothen und andere Kreaturen haben nur eins gemeinsam: Sie alle wollen Andrew ans Leder. Die Ausnahme sind bizarrerweise die Großen Alten, die wie in der literarischen Vorlage nur selten selbst eingreifen.

Zhro


The Shore ist wie das Buffet im günstigen Restaurant um die Ecke. Das einzelne Gericht alleine betrachtet ist vielleicht nur Mittelmaß, das Ganze aber kann überzeugen. Wir bekommen Lovecraft und das nicht zu knapp. Nahezu jede der finsteren Gottheiten, unheimlichen Wesen und seltsamen Objekten die Lovecraft in seinen Geschichten so deutlich beschreibt wird zumindest angedeutet oder auch einfach direkt gezeigt. Auch das Gameplay bietet auf dem Papier mit der Erkundung, der Handlung, den Rätseln und Kämpfen einiges. Leider sind aber gerade die Kämpfe weniger gut gelungen und wirken wie ein Fremdkörper. Ich habe den Eindruck, dass der Entwickler hier einfach etwas zu viel wollte.

Trotz seiner Schwächen ist The Shore für mich eines der besten Lovecraft Spiele, die ich je gespielt habe. Wenn man möchte, kann man viele Punkte kritisieren und das auch nicht zu Unrecht. Das Spiel schafft es dennoch aber mich diese Schwächen durch seine Stärken vergessen zu lassen. Ist man erstmal in der unheimlich dichten Atmosphäre gefangen ist The Shore ein grandioser Abstieg in den kosmischen Horror, fremde Dimensionen und erzählt nebenbei noch eine Geschichte, deren Finale eine Überraschung bereithält. Große Stärke des Spiels ist das herausragenden Design der Kreaturen und der Welt. So fremdartig, unheimlich und dennoch beeindruckend haben wir Lovecrafts Gottheiten noch nicht allzu oft gesehen und der Fokus liegt hier auf dem Sehen, denn anstatt die dunkeln Götter nur anzudeuten, werden sie hier tatsächlich auch in voller und beeindruckender Größe gezeigt.

Nicht unerwähnt bleiben darf dabei auch grandiose der Soundtrack der eine so unheilvolle Stimmung erschafft, dass bereits in den ersten Minuten klar wird, wohin die Reise geht. Spiel größtenteils von nur einem Entwickler entwickelt wurde und vor allem mit diesem Wissen finde ich das Ergebnis nochmal deutlich beeindruckender.

Mggoka ya l'


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