Überraschend gut: Streaming mit GeForce NOW

Veröffentlicht am 24.03.2021 von Stephan in Review

Warum Streaming?


Durch Streaming kannst du aktuelle Spiele auch auf älteren oder schwächeren Geräten spielen. Wie das funktioniert? Wird das Spiel gestreamt, läuft es nicht direkt auf deinem PC, sondern auf einem Server den ein Streaminganbieter bereitstellt. Ein Streaming-Client überträgt alle Eingaben von Maus, Tastatur oder Gamepad an den Server und dieser sendet das Bild und den Ton als Video zurück. Der eigene Rechner wird dadurch nur wenig ausgelastet. Das führt so weit, dass das Streaming sogar über das Smartphone möglich ist. Ein flüssiges Spielerlebnis erfordert allerdings zwingend eine stabile Internetverbindung mit mindestens 15 Mbit/s für 720p und 25 Mbit/s für 1080.

Die Anbieter


Inzwischen gibt es einige Unternehmen, die Streaming anbieten, da stellt sich die Frage, welcher Service ist der beste? Da ich weder die Google Hardware benutzen noch die Spiele über den Service kaufen möchte, konnte ich Google Stadia schnell von meiner Liste abhaken. Der nächste Kandidat war Shadow. Bei Shadow kauft man keine Spiele, sondern mietet einen vollständigen Windows-PC auf dem dann beliebige Software und damit auch Spiele installiert werden können. Auf dem Papier klingt das gut, das Problem: Der Anbieter hat derzeit erhebliche Kapazitätsprobleme was dazu führt, dass es mehrere Monate dauert, bis ein Konto aktiviert wird und so war auch Shadow keine Option. Übrig geblieben ist GeForce NOW von Nvidia und diesen Service habe ich nun getestet.

Preise


GeForce NOW bietet derzeit zwei Kontotypen an. Der kostenlose Zugang ist ideal um den Service auszuprobieren, als dauerhafte Lösung kann ich ihn aber nicht empfehlen da die Wartezeiten sehr lange ausfallen können und eine Spielsession auf maximal eine Stunde limitiert ist. Die Priority Mitgliedschaft kostet monatlich 9,99 € (8,33 € bei jährlicher Zahlung) und wirbt mit bevorzugtem Zugriff, erweiterter Session-Dauer und RTX. Mit diesem Konto hatte ich keinerlei Wartezeiten mehr. Jedes Spiel startet sofort und auch die Sessiondauer ist mit 6 Stunden mehr als ausreichend bemessen.

Spielauswahl


GeForce NOW selbst stellt nur die Rechenleistung bereit, die Spiele müssen separat gekauft werden. Besitzt man ein Spiel bei Steam, Epic oder Uplay kann es direkt hinzugefügt und gespielt werden. GeForce Now unterstützt nicht alle Spiele, sondern nur ausgewählte Titel. Dazu kommt, dass nicht jedes Spiel in jedem Store verfügbar ist. Hat man z.B. Amnesia: The Dark Descend bei Epic erworben kann man es dennoch nicht spielen, weil dieses Spiel nur über Steam verfügbar ist. Das ist unübersichtlich und mein größter Kritikpunkt. Es ist zwar verständlich das Nvidia und die Entwickler nicht für jedes Spiel offiziellen Support anbieten können, dass der Zugriff aber aktiv verhindert wird finde ich kundenfeindlich.

Einrichtung unter Windows


Auf Windows ist die Einrichtung in wenigen Schritten erledigt:

  • Registriere dich auf der Nvidia Webseite oder logge dich ein, wenn du bereits ein Konto hast.
  • Lade den Client herunter und installiere das Programm.
  • Logge dich auch im Client ein.
  • Die Steambibliothek kannst du in den Einstellungen direkt synchronisieren, andere Spiele musst du suchen und dann manuell hinzufügen.
  • Mit einem Klick auf "Spielen" kannst du das Spiel starten.


Bildqualität, Ultrawide und 4k


Die Bildqualität ist überraschend gut. Kompressionsartefakte konnte ich keine feststellen. Als maximale Auflösung ist derzeit allerdings nur 1920x1200 bei 60Hz auswählbar. Besitzer von Ultrawide- oder 4k-Monitoren bekommen deshalb leider nur ein unscharfes Bild und/oder schwarze Balken zu sehen. Welche Hardware in den Servern verbaut ist gibt Nvidia nicht an, allerdings liefen alle getesteten Spiele in den höchsten Einstellungen flüssig mit 60 FPS. Was die Latenz angeht, waren die Ergebnisse teils sehr unterschiedlich. Während ich in Tacoma und Remnant: From the Ashes keinerlei Verzögerung feststellen konnte war Fortnite trotz reduzierter Qualität nahezu unspielbar und hatte bereits in der Lobby mit Lags zu kämpfen. Für schnelle Mehrspielertitel kann ich den Service dementsprechend nicht uneingeschränkt empfehlen. Da sowohl Latenz als auch Videoqualität von mehreren Faktoren wie der Bandbreite, der Netzauslastung und dem Spiel selbst abhängen kann das Spielerlebnis stark variieren. Mit dem kostenlosen Konto gibt es aber glücklicherweise die Möglichkeit die Spiele vorher risikolos zu testen.

Probleme


Auch wenn der Service im Großen und Ganzen recht gut läuft, bin während meiner Tests doch über diverse kleine und auch größere Probleme gestolpert.

  • Obwohl der Monitor und die Einstellungen im Spiel auf die gleiche Auflösung festgelegt wurden passiert es immer wieder, dass sich das Spiel in den Fenstermodus schaltet. Bisher habe ich noch keine Möglichkeit gefunden wieder in Vollbild zurückzukehren, was bedeutet, dass das Spiel in diesem Fall neu gestartet werden muss. Je nach Spiel ist freies Speichern nicht immer möglich und dann bleibt nur die Wahl zwischen einem kleineren Bild oder dem Verlust des Fortschritts.
  • In einigen Spielen werden die Einstellungen nicht dauerhaft gespeichert. So muss ich z. B. bei Remnant: From the Ashes bei jedem Start die Grafik neu konfigurieren.
  • Sprache: In den meisten Spielen lässt sich die Sprache praktischerweise direkt im Spiel umstellen, einige Spiele erfordern dafür aber ein Update über Steam. Bei Risen 3 wird z. B. standardmäßig die englische Version gestartet. Um die Sprache anzupassen, darf man in dem Fenster nicht direkt auf Spiel starten klicken, sondern klickt stattdessen auf "Update anzeigen". Dann öffnet sich der Steam Client und man kann das Spiel wie gewohnt über Rechtsklick → Eigenschaften → Sprache umstellen. Das ist leider nicht intuitiv.


Diese Punkte sind verschmerzbar, sie sind aber dennoch störend und man sollte sich bewusst sein, dass ein einfacher Klick auf den Spielen Button nicht immer ausreicht und man eventuell Anpassungen vornehmen muss. Ich empfehle dir deshalb zuerst das kostenlose Konto zu verwenden und mit den Spielen die du spielen möchtest auszuprobieren, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Fazit


Wie viele Spieler lege auch ich in Spielen Wert auf hübsche Grafik und flüssige Bildraten. Geplant war deshalb meine 980 TI in 2020 in Rente zu schicken und sie durch eine neue RTX 3080 von Nvidia zu ersetzen. Nun hat mir Corona und die damit einhergehenden Lieferengpässen wie vielen anderen auch leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Verfügbare Hardware zu vernünftigen Preisen ist derzeit noch in weiter Ferne und da mein aktuelles System zu allem Überfluss nun auch noch damit begonnen hat bei aufwendigen Spielen einfach auszuschalten, war die Frage: was tun?

Die naheliegende Lösung war es Streaming eine Chance zu geben und trotz der genannten Kritikpunkte hat es mich doch positiv überrascht. Da ich mich noch rechtzeitig für das Gründerpaket registrieren konnte, zahle ich derzeit nur 4,57 € im Monat und das ist wie ich finde ein sehr fairer Preis. Dafür bekomme ich eine qualitativ gute Spielerfahrung, die nicht von der eigenen Hardware abhängt. Die Auswahl der Spiele wäre normalerweise ein großer Kritikpunkt, allerdings ist es in meinem Fall kein Problem, da ich den Service nicht dauerhaft verwenden werde. Neue Mitglieder zahlen inzwischen deutlich mehr, allerdings sind die Kosten im Vergleich zu eigener Hardware noch immer gering.

Kann ich GeForce NOW nun empfehlen? Das kommt wie immer ganz auf dich, den Nutzer, an. Gamer, die hohe Ansprüche an Qualität stellen und auf Ultrawide- oder 4k-Monitoren mit hoher Bildwiederholrate spielen wollen, bleiben besser bei dem eigenen Rechner oder der Konsole. Wem 1080@60Hz genügt und mit dem Angebot von Spielen zufrieden ist, bekommt eine günstige Alternative zum kostspieligen Gaming-PC und muss sich zudem nicht mit Updates herumschlagen. Dass Spiele in den jeweiligen Stores gekauft werden müssen, erscheint zwar zu Beginn umständlich, hat aber den unschlagbaren Vorteil, dass man GeForce NOW jederzeit kündigen und die Spiele auf dem eigenen Rechner spielen und anders herum die bereits gekauften Spiele auf GeForce NOW weiterspielen kann.

Bildquellen:
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